Sehr geehrte Familie Wiedamann, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Wolbergs, sehr geehrter Herr Kulturreferent Unger, sehr geehrter Herr Dr. Haber,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
ich darf Sie nun auch nochmal im Namen der Stadt Regensburg recht herzlich hier im Regensburger Kunst- und Gewerbeverein begrüßen.
Ich möchte Ihnen zum Einstieg ein Zitat von Leon Battista Alberti „mit auf den Weg zu geben“, welches Sie auch hier in der Ausstellung wiederfinden werden:
„Alle edlen und unedlen Materialien würden durch die Wiedergabe in der Kunst oder durch die Verarbeitung zu Kunstwerken wertvoller.“
Trifft dies auch auf das Material Zinn zu?
Zinn gilt als das „Silber der armen Leute“:
Bis ins 21. Jahrhundert hat sich jene stiefmütterliche Behandlung dieses Werkstoffes des Kunsthandwerks im Gedächtnis der Gesellschaft manifestiert. Man denkt dabei zunächst an verstaubte, historistische Teller an den Wänden der Großeltern, deren Motivik mittelalterliche Reminiszenzen erweckt.
Oder auch an große, schwere Deckelkannen mit Zunftzeichen, deren Bedeutung sich heute nur noch den eingefleischten Liebhabern und Experten erschließt, ebenso wie bei Preisgaben von Schützenvereinen, und andere.
Gemeinhin also einfacher Werkstoff in bisweilen ganz ansehnliche Formen gegossen. Warum also eine wissenschaftliche Bearbeitung jenes „spießigen“ Materials vornehmen und sich sogar eingehend mit einer kompletten Regensburger Zinngießerdynastie beschäftigen?
Mein persönlicher Weg zur Geschichte der Zinngießerei Wiedamann und ihren Erzeugnissen begann im Jahr 2009 während der Vorbereitungen zur Ausstellung „100 Jahre Oberpfälzische Kreisausstellung 1910“, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit bei den Museen der Stadt Regensburg mit kuratieren durfte.
Im Zuge der Recherchen zur dieser Präsentation verfasste ich einen Katalogartikel zu einem zinnernen Frühstücksservice der Firma Wiedamann, welches nach Entwürfen des Künstlers und Architekten Christian Metzger gefertigt worden war und sich auch als eines der zentralen Exponate hier in der Ausstellung befindet.
Die schlichte, aber wirkungsvolle Formgebung sowie das sparsam verwendete Art Déco-Ornament verfehlten auch bei mir ihre Wirkung nicht.
Und so beschloss ich in Nachbereitung dieser „Oberpfälzischen Kreisausstellung“, welche 1910 im heutigen Regensburger Stadtpark veranstaltet worden war, meine Promotion der Geschichte jenes alteingesessenen Handwerksbetriebes zu widmen und habe es mir auch zur Aufgabe gemacht, das designte Wiedamannsche Gebrauchsgerät wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken.
Die Firma Wiedamann verdient es in Form einer Ausstellung, eines dazugehörigen Kataloges sowie einer umfassenden Firmenmonografie gewürdigt zu werden, da sie es seit eben diesem Jahr 1910 sehr gut verstanden hat sich mit künstlerischen Entwürfen auf internationalem Parkett zu behaupten.
Mehrere Gesichtspunkte sprechen dafür, dass es sich auch in der heutigen Zeit lohnt, sich dieser Spielart Regensburger Kunsthandwerks intensiv zuzuwenden. Und damit meine ich nicht nur diverse Wortspielereien, die wir auf Postkarten gebannt und hier ausgelegt haben, oder die Tatsache, dass ein kühles Bier in einem zinnernen Krug auch lange kühl bleibt.
Denn wir sprechen hier nicht einfach nur von einem antiquierten Thema oder Teilaspekt der Geschichte der Kunst und des Handwerks, im Gegenteil: Wir sprechen hier von einem kleinen, zwar alteingesessenen, aber über die Jahre hinweg hochinnovativen Handwerksbetrieb, der es mit seinen Erzeugnissen geschafft hat internationalen Ruhm zu erlangen.
Der beste Beweis dafür sind zahlreiche Preise und Ehrungen, welche die Firma Wiedamann auf diversen Messen erhalten hat, wie zum Beispiel der Grand Prix der Weltausstellung in Paris 1937 sowie auf den Triennalen in Mailand in den 1940er Jahren.
Jene Werkstatt hat seit ihrer Gründung am 14. November 1821 durch Adam Friedrich Wiedamann nahezu alle stilprägenden Kunstströmungen aus der „großen weiten Welt“ in ihren Formenbestand der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgenommen und damit bis heute ein Stück Regensburger Designgeschichte geprägt.
Und wie kann man jene gestalterischen und historischen Entwicklungen besser nachvollziehen als anhand eines angeleiteten „Weges zur Form“?
Das ist auch die Idee hinter dieser Ausstellung:
Das Titelmotiv der Heißwasserkanne Wolfgang von Wersins direkt am Eingang bahnt dem Besucher den Weg in Richtung des 1. Raumes.
Beginnend mit der Firmengründung 1821 und noch äußerst schlichten barocken Formen des Gebrauchsgeräts gelangt man über die Schwelle des Historismus zu Jugendstil und Art Déco im 2. Raum. Die Oberpfälzische Kreisausstellung 1910 sowie die Deutsche Werkbundausstellung 1914 in Köln bilden hierbei die wichtigsten Eckpfeiler.
Gegen Ende des 2. Raumes finden sich schon die ersten formalen Anklänge an die Neue Sachlichkeit bis man schließlich in Raum 3 bei dem gestalterischen Höhepunkt der Firma angelangt ist: Funktionalismus, Maschinenästhetik und wiederum schlichte, typische Formen der 1950er und 1960er Jahre, meist durch einen ideengebenden Künstler angestoßen und deren Präsentation auf den bereits eingangs erwähnten großen Messen.
Der Besucher wird durch alle drei Räume von einer der wichtigsten Formen des Gebrauchsgeräts begleitet, einer Kanne, an deren Beispiel die gestalterische Metamorphose der Firma Wiedamann stellvertretend noch einmal nachvollzogen werden kann.
Und öffnen Sie doch einmal ein paar der verschlossenen Schaukästen: Ihnen wird ein Licht aufgehen!
Der hier gezeigte Querschnitt durch das kunsthandwerkliche Schaffen der Wiedamanns soll genau das vor Augen führen, den Blick erneuern und schärfen für die keineswegs angestaubten, sondern schöpferischen Produkte dieses Familienbetriebes.
Und all das wäre ohne die Mitwirkung und Unterstützung folgender Leute nicht zustande gekommen:
Zu allererst möchte ich der Familie Wiedamann meinen herzlichsten Dank aussprechen, da sie mir alle wichtigen Unterlagen zugänglich gemacht und auch das Ausstellungsprojekt mit allem was dazu gehört unterstützt und gefördert hat.
Ebenso danke ich meinem Vater und Raoul Kaufer von der Gruppe Paradoxa, sowie der Imanic Gbr, namentlich Herrn Martin Rosner und Herrn Martin Bauer, dass sie meinen Ideen den perfekten gestalterischen Rahmen gegeben haben.
Des Weiteren gilt mein Dank der Schreinerei Strohmeier, welche das Präsentationskonzept so hervorragend umgesetzt hat sowie dem gesamten Team der Museen der Stadt Regensburg, hier vor allem meinen Kolleginnen Frau Maria Lang und Frau Jasmin Hübner.
Ebenso danke ich Herrn Dr. Albrecht Weiland und dem Schnell & Steiner Verlag für die Umsetzung des gleichnamigen Ausstellungskataloges.
Zu guter Letzt ergeht ein besonderer Dank an den Kunst- und Gewerbeverein Regensburg e.V. und seinen 1. Vorsitzenden Dr. Georg J. Haber, dafür, dass er mir den Verein mit seinen Räumlichkeiten anvertraut hat und das Vorhaben zu jeder Zeit positiv befördert hat.
Sehr geehrter Herr Dr. Haber, es sei Ihnen dafür noch einmal recht herzlich gedankt.
Ich wünsche mir nun, dass Sie bei Ihrem Rundgang durch die Ausstellung ebenso viel Gefallen an den Produkten der Firma Wiedamann finden, wie ich es tue.
Dass Sie sie aus einem völlig neuen Blickwinkel betrachten werden und dass das Zinn als ein Werkstoff des Kunsthandwerks auf diesem Weg wieder zu etwas mehr Ansehen finden wird.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.